Ob Erz-Brocken im Hochofen, Polymer-Partikel in chemischen Anlagen oder Aerosole, die sich in der Luft verbreiten: Das Partikelverhalten ist von immanenter Bedeutung und gleichzeitig schwer vorhersagbar. Eine Unzahl von Partikeln interagiert untereinander ebenso wie mit umgebenden Gasen oder Flüssigkeiten – um das beschreiben zu können, muss man erstens die Physik verstehen und zweitens einen effizienten Rechenweg finden. Und daran forschen WissenschaftlerInnen und Unternehmen auf der ganzen Welt. Denn nur so können partikuläre Prozesse effizienter gestaltet werden.
Aus Fragen eines Unternehmens wird ein wissenschaftlicher Durchbruch
Mit dem CD-Labor für Modellierung partikulärer Strömungen war Stefan Pirker mit seinen Unternehmenspartnern im Jahr 2009 zur richtigen Zeit am richtigen Thema: neue Methoden aus Big Data und KI wurden in ein physikalisches Grundgerüst integriert. Mit diesen extrem effizienten Daten-assistierten Verfahren können komplexe Partikelströmungen nun sogar in Echtzeit berechnet werden. Ein Paradigmenwechsel, der komplett neue Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnet.
Internationale Erfolge des CD-Labors
Erklärtes Ziel des CD-Labors sind nicht kurzfristiges Problemlösen sondern mittel- und langfristige Erkenntnisgewinne, wobei die Erkenntnisse aus dem CD-Labor von Prof. Pirker von vielen international führenden Forschungsgruppen aus den verschiedensten Bereichen nachgefragt sind. Von Anfang an stellte Prof. Pirker daher seine methodischen Entwicklungen mit Hilfe einer open-source Plattform der wissenschaftlichen Community frei zur Verfügung. „Egal, auf welchem Kontinent: Unsere Programme werden von dutzenden Unis und Forschungszentren benutzt. Die NASA untersucht damit die Fortbewegung des Marsroboters Curiosity, in Florida werden Geschiebeströmungen im Meer berechnet – mit den Rückmeldungen aus diesen breit gefächerten Anwendungen können wir unsere Methoden kontinuierlich verbessern – zusätzlich entstehen dabei immer wieder interessante Forschungskooperationen“, erläutert Laborleiter Pirker den Nutzen dieses open-source Modells.
Und COVID-19?
Auch wenn sie winzig sind, Aerosole sind Partikel, und auch sie bewegen sich durch die Luft. Die Modelle und Methoden aus dem CD-Labor lassen sich also auch auf die Verbreitung des Coronavirus anwenden. Noch spannender wird die Berechnung, wenn die Menschen, die die Aerosole ausatmen, und jene, die diese Aerosole nicht einatmen sollen, sich ebenfalls bewegen. In einem aktuellen Forschungsprojekt mit der Universität Utrecht in den Niederlanden wird an der Modellierung der Virusverbreitung bei sich bewegenden Fußgängerströmen gearbeitet. Ziel ist es, die Besucherlenkung bei Großevents so zu gestalten, dass die Wahrscheinlichkeit von Infektionen gering bleibt.